Die Trinkwasserverordnung schreibt seit 2003 die Untersuchung zentraler Warmwassersysteme auf den mikrobiologischen Parameter Legionella spec. vor. Es dürfen nicht mehr als 100 Kolonie bildende Einheiten (100 KbE) dieses Bakteriums in 100 ml Trinkwasser vorhanden sein, sonst drohen dem Anlagenbetreiber weitere (technische) Maßnahmen zur Ursachenforschung. Aber was sind Legionellen eigentlich ganz genau?

Legionellen können schwere Lungenentzündungen und milderes Pontiac-Fieber verursachen

Legionellen können schwere Lungenentzündung mit erheblichem Letalitätsrisiko verursachen. Das im Wasser lebende Bakterium Legionella kann beim Menschen die so genannte Legionärskrankheit – benannt nach einem großen Krankheitsausbruch unter amerikanischen Legionären während eines Veteranentreffens (American Legion, daher der Name)  in Philadelphia im Jahr 1976 – verursachen. Es handelt sich um eine schwere Form der Lungenentzündung (Legionella-Pneumonie), die in etwa 10–15 % der Fälle tödlich verläuft. Neben dieser schweren Erkrankungsform kommen auch leichtere Verläufe vor, die als grippeähnlicher Infekt (Pontiac-Fieber)  in Erscheinung treten und durch Fieber, Husten und Muskelschmerzen gekennzeichnet sind.

Legionellen sind überall in der Umwelt vorhanden

Legionellen sind Umweltkeime, die sich in Amöben und anderen Einzellern vermehren. Gegenwärtig sind 51 Arten mit insgesamt 73 Serogruppen bekannt, wobei Legionella pneumophila der Serogruppe 1 für Erkrankungen beim Menschen die größte Bedeutung zukommt. Legionellen sind überall, vor allem in Süßwasser, und fühlen sich zwischen 20 und 45°C pudelwohl. Als typischer Umweltkeim sind Legionellen weit verbreitet. Ihr primäres Reservoir ist Süßwasser, wo sie in geringen Mengen natürlicher Bestandteil von Oberflächengewässern, aber auch des Grundwassers sind und dort in der Regel keine hygienische Gefahr darstellen.

Legionellen wachsen zwischen 25 und 45 °C am besten

Gelangen die Keime jedoch in künstliche, vom Menschen geschaffene Warmwasserleitungssysteme, so finden sie dort bei Temperaturen zwischen 25 °C und 45 °C ideale Bedingungen für ihre Vermehrung. Insbesondere große Warmwassersysteme mit umfangreichen Rohrleitungen, wie sie beispielsweise in Hotels, Krankenhäusern oder anderen vergleichbaren Einrichtungen vorkommen, sind anfällig für Kontaminationen. Das betrifft vor allem ältere und schlecht gewartete Leitungssysteme. Hier bieten ihnen entstandene Biofilme und Ablagerungen in den Leitungssystemen optimale Lebensbedingungen. Ebenso kann stagnierendes Wasser zu erhöhten Keimzahlen führen. Generell können alle Wasser führenden Anlagen, die Warmwasser (25 °C–45 °C) enthalten, mit Legionellen belastet sein.

Einhaltung technischer Regeln zur Trinkwasserhygiene reduziert Gesundheitsrisiken

Die Beachtung der geltenden technischen Regularien für Trinkwassererwärmungs- und Leitungsanlagen (vorrangig das DVGW-Arbeitsblatt W 551 sowie die einschlägigen Empfehlungen des Umweltbundesamtes) kann das Risiko einer Verkeimung aber weitgehend minimieren. So sind gemäß Trinkwasserverordnung mikrobiologische Trinkwasseruntersuchungen in Gebäuden durchzuführen, in denen erwärmtes Trinkwasser an die Öffentlichkeit abgegeben wird. Das Legionellenwachstum wird bei Wassertemperaturen oberhalb von 55 °C gehemmt. Ab 60 °C kommt es zum Absterben der Keime. Legionellen können auch in kaltem Wasser vorkommen, sich bei Temperaturen unter 20 °C aber nicht nennenswert vermehren. Durch ihre parasitäre Lebensweise innerhalb von Protozoen sind die intrazellulären Legionellen allerdings recht gut gegen Desinfektionsmaßnahmen und andere ungünstige Umwelteinflüsse geschützt. Für eine Risikoeinschätzung bei Wasserleitungssystemen ist daher nicht nur der Nachweis von Legionellen selbst, sondern auch von ihren Wirtsorganismen von Bedeutung.

Ansteckung nur durch Aerosol, nicht von Mensch zu Mensch

Eine Ansteckung erfolgt in der Regel durch die Inhalation legionellenhaltigen Wassers in Form eines Aerosols (feiner Wasserdampf oder Nebel), aber auch die Aspiration von kontaminiertem Wasser kann zu einer Infektion führen. Als vorrangige Infektionsquellen sind Leitungssysteme zur Warmwasserverteilung (z .B. sanitäre Einrichtungen), Whirlpools, Schwimmbäder sowie Kühltürme bzw. Rückkühlwerke von lüftungstechnischen Anlagen zu nennen. Selten können auch Inhalationsapparate und Dentaleinheiten eine mögliche Infektionsursache darstellen. Die entscheidenden Faktoren sind dabei die Temperatur des Wassers und seine Verweildauer im System, welche die Vermehrung der Legionellen beeinflussen, sowie die Entstehung von Aerosolen, welche die Verbreitung und Infektion fördert. Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch wurde bislang nicht beobachtet. Infektionsquellen können sowohl im häuslichen als auch im beruflichen Umfeld existieren. Erkrankungen können aber auch während eines Krankenhausaufenthaltes erworben werden (nosokomiale Infektion) sowie mit einer Reise und den damit verbundenen Aufenthalten in Hotels oder anderen Unterkünften assoziiert sein.

Gemessen an der Verbreitung der Keime kommen Erkrankungen beim Menschen vergleichsweise selten vor. Die pathogene Wirkung hängt neben der bakteriellen Belastung des Wassers, der Art der Exposition und der Virulenz des Stammes auch entscheidend von den natürlichen Abwehrkräften und bestehenden Vorerkrankungen der Betroffenen ab. Generell sind Menschen mit einem geschwächten Immunsystem einem höheren Erkrankungsrisiko ausgesetzt. Hierzu zählen vor allem ältere Menschen, bei denen oft Vorerkrankungen oder spezifische Grundleiden wie z. B. Diabetes vorliegen. Weitere Risikogruppen sind Personen, die unter immunsupprimierter Therapie stehen (z. B. infolge einer Organtransplantation) oder an chronischen Lungenerkrankungen leiden sowie Patienten mit Tumorerkrankungen. Darüberhinaus birgt auch Tabak- und Alkoholmissbrauch ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. Erkrankungen treten fast ausschließlich bei Erwachsenen auf, wobei Männer deutlich häufiger betroffen sind als Frauen.